„Halb so schlimm wie man es sich vorgestellt hat“

Das #TABinterview mit Linda Degenhardt

Linda Degenhardt hat kürzlich ihren eigenen Bezirk übernommen.

Weil Schornsteinfeger*innen redensartlich Glück bringen, möchten wir in unserer Rubrik #TABinterview unbedingt noch ein Gespräch aus ebendieser Berufsgruppe führen. In Bickenriede sind wir mit Linda Degenhardt verabredet. Die 29-Jährige hat von 2012 bis 2015 eine Ausbildung zur Schornsteinfegerin absolviert. 2021 hat sie ihre Meisterprüfung abgeschlossen. Seit Juni 2023 führt Linda Degenhardt ihren eigenen Bezirk. Im #TABinterview sprechen wir mit ihr über den Schritt in die Selbstständigkeit.

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War Ihnen von Anfang an klar, dass Sie Schornsteinfegerin werden wollen?

Ich wusste schon immer, dass ich einen Handwerksberuf ergreifen möchte. Ich habe mir auch verschiedene Berufe angeguckt, wie zum Beispiel die Tischlerin. Während der Schulzeit habe ich ein Praktikum bei einem Schornsteinfeger absolviert. Danach stand es für mich fest. Mir ist es wichtig draußen unterwegs zu sein. Ich bin den ganzen Tag in Bewegung. Außerdem lerne ich durch meinen Beruf die verschiedenen Charaktere kennen. Das gefällt mir.

Macht es einen Unterschied, ob man als Frau oder Mann zum Schornsteinfegen vorbeikommt?

Ich habe das Gefühl, die Menschen sind mir gegenüber etwas zuvorkommender. Wenn ich auf den Dachboden will, klappt man mir gerne die Luke herunter. Oder Frauen weisen mich am Telefon daraufhin, dass der Mann zum Termin nicht zuhause ist. Das ist natürlich kein Problem, denn ich kriege alles alleine hin.

Wie lief Ihre Gründung ab?

In meinem Gewerk gibt es keine Betriebsübernahmen, da Schornsteinfeger in Bezirke aufgeteilt werden. Solche Bezirke werden zum Beispiel bei Rentenantritt des „amtierenden“ Schornsteinfegers neu ausgeschrieben. Das war bei mir der Fall. Ich habe mich beworben und Anfang Mai 2023 die offizielle Zusage erhalten.

Was war das für ein Gefühl?

Das war so aufregend. Mit dem Brief in der Hand bin ich erst mal zu meinen Eltern gegangen. Die Freude war natürlich groß. Gleichzeitig schossen aber auch die ersten Fragen in meinen Kopf, was ich alles organisieren musste. Viel Zeit war schließlich nicht.

Wie ging es dann weiter?

Man muss an alles denken, also habe ich mir eine Übersicht erstellt, wo ich anfangen muss. Von meinem Vorgänger konnte ich einen Mitarbeiter übernehmen. Ich musste mich also um den Arbeitsvertrag und Versicherungen kümmern, aber auch Fahrzeuge besorgen. Die Gewerbeanmeldung stand vor der Tür. Ich war zu Gesprächen bei der Bank und habe diverse Behördengänge absolviert. Wenn ich zurückblicke hat das aber alles super geklappt. Das ging Hand in Hand. Im Endeffekt habe ich mich vielleicht zu sehr unter Druck gesetzt. Am Ende war es halb so schlimm wie man es sich vorgestellt hat.

Wie waren Ihre ersten Tage als Geschäftsführerin?

Am 1. Juni hat sich alles unwirklich angefühlt. Es gab immer noch so viel zu tun. Für Schornsteinfeger gibt es eine Art Managementsoftware, in die ich mich noch nicht eingefuchst hatte. Ich musste aber auch gucken, dass die Arbeit läuft und mein Mitarbeiter zu tun hat. Mit der Zeit wurde es dann immer greifbarer. Inzwischen habe ich mich sortiert und weiß genau, was ich bis zum Ende des Jahres zu tun habe. Ich freue mich aber auch schon auf 2024, um das Jahr von vorne zu starten.

Wie wurden Sie von der Thüringer Gründungsinfrastruktur unterstützt?

Ich habe eine Betriebsberatung der Handwerkskammer in Anspruch genommen. Darüber bin ich auch auf die Meistergründungsprämie aufmerksam geworden. Auch der Gründerzuschuss der Arbeitsagentur hat mir sehr geholfen. Beides habe ich in meinen Betrieb investiert, um u.a. Werkzeug für mich und meinen Gesellen anzuschaffen.

Haben Sie Ratschläge für potenzielle Gründer*innen?

Macht euch einen Plan, was Schritt-für-Schritt zu erledigen ist! Was mir sehr geholfen hat war außerdem, dass ich Kollegen habe, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wer die Möglichkeit hat: Vernetzt euch! Fragen kostet nichts. Es gibt auch sehr viele Informationsangebote, die man unbedingt nutzen sollte. Und zu guter Letzt darf man sich nicht unterkriegen lassen. Sich selbstständig machen ist manchmal auch schwer, aber man darf den Kopf nicht hängenlassen. Ich hatte immer die Rückendeckung meiner Freunde und Familie. Für diese Unterstützung bin ich sehr dankbar.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Ich wünsche mir einfach, dass es weiterhin so gut läuft. Aktuell bin ich sehr viel im Büro. Für 2024 wäre es schön, wenn ich wieder mehr draußen unterwegs bin. Mal gucken, was die Zukunft so bringt. In der Meisterschule habe ich auch eine Weiterbildung zur Energieberaterin abgeschlossen. Darauf könnte ich perspektivisch noch aufbauen. Aktuell ist aber alles gut so wie es ist.

Vielen Dank für das Gespräch!

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