Trinkwasserleitung

„Klimawandel deutlich spürbarer geworden“

Das #TABinterview mit Werner Drescher

Werner Drescher

Auf dem Weg nach Kupfersuhl im Wartburgkreis ist die frisch gepflügte Trasse noch deutlich zu sehen. Rund zwei Kilometer schlängelt sich die neue Trinkwasserleitung durch die Flur und überwindet dabei einen Höhenunterschied von ca. 120 Metern. Für das #TABinterview sind wir mit Werner Drescher verabredet. Der 74-Jährige ist Ansprechpartner der Wassergemeinschaft Wackenhof, die den Neubau ihrer Wasserleitung selbst organisiert hat. Für die TAB ist es eines der größten Projekte aus dem Fördertopf des Sonderprogramms zur Trinkwasserförderung. Mit Werner Drescher sprechen wir über trockene Sommer, Gründe und Hürden der Eigenregie.

Mehr zum Sonderprogramm der Trinkwasserförderung

Herr Drescher, wie hat die Wasserversorgung im Ort bisher funktioniert?

Regenwasser wird in einem Quellgebiet in einer Kiesschicht gesammelt und in einen Behälter geleitet, wo sich die Sedimente absetzen. Das wird zwei Mal jährlich gereinigt. Dieses Wasser läuft dann in ein Bassin, das knapp 30 Kubikmeter fasst. Seit 1903 wurden mit der alten Wasserleitung alle Bewohner und auch das Vieh versorgt. Das Wasser hat immer ausgereicht.

Was hat den Neubau einer neuen Trinkwasserleitung notwendig gemacht?

Zuletzt war es im Dezember 2020 soweit, dass wir nur noch einen halben Meter Wasser im Hochbehälter hatten. Das sind ungefähr vier Kubikmeter. Da haben wir uns gedacht, dass die Situation jetzt ernster wird, wenn das so weiter geht. Unser ganzes Wassersystem beruht auf Regen- bzw. Niederschlagsmengen. Und in den letzten Jahren ist der Klimawandel deutlich spürbarer geworden, denn die Sommer werden trockener und so wird es immer weniger mit dem Niederschlag. Jeder hat versucht ein bisschen zu sparen. Unten im Grund (Anm. d. Redaktion: Ortsteil) sind die Leute teilweise zur Verwandtschaft gefahren, haben geduscht und die Wäsche gewaschen. Oben auf dem Berg an der Siedlung „Waldhaus“ haben sie auch schon selbst das Wasser herangefahren.

Wie ging es dann weiter?

Wir stehen im engen Kontakt mit dem Gesundheitsamt des Wartburgkreises, um die Trinkwasserqualität und alles messen zu lassen. Und das Gesundheitsamt hat uns im Januar 2020 auf die Fördermöglichkeiten der Thüringer Aufbaubank aufmerksam gemacht. Wir sind dann erst mal zum Bürgermeister, um zu erfahren, welche Anschlussmöglichkeiten es an ein öffentliches Netz für uns gibt. Für den Zweckverband Horschlitter Mulde besteht zwar kein Anschlusszwang, trotzdem stand uns der Verband beratend zur Seite und für diese Unterstützung waren wir auch sehr dankbar.

Wann haben Sie sich dazu entschlossen, das Projekt selbst auf die Beine zu stellen?

Erst mal mussten wir klären, welche Strecke das überhaupt betrifft und mit welchem Verfahren man die neue Leitung verlegen kann. Es ging letztlich darum, einen Überblick über die Kosten zu bekommen. Im Grunde blieb uns aber keine andere Wahl, entweder wir machen es selbst oder gar nicht. So haben sich dann zehn Haushalte als Wassergemeinschaft Wackenhof zusammen getan und beschlossen, das Projekt in Eigenregie durchzuführen. Es ging auch darum die Fördermöglichkeit zu ergreifen.

Wie konnte die TAB Sie dabei unterstützen?

Die Thüringer Aufbaubank hat uns 220.000 Euro bewilligt. Die Förderung ist mit maximal 22.000 Euro pro angeschlossenem Grundstück begrenzt, was rund 85 Prozent der Kosten abgedeckt hat. Pro Haushalt mussten wir rund 5.000 Euro einbringen. Es zeichnet sich ab, dass wir mit diesem Eigenanteil auch hinkommen werden*:*

Werner Drescher

Unser ganzes Wassersystem beruht auf Regen- bzw. Niederschlagsmengen. Und in den letzten Jahren ist der Klimawandel deutlich spürbarer geworden, denn die Sommer werden trockener und so wird es immer weniger mit dem Niederschlag.

– Werner Drescher

Vor welchen Herausforderungen haben Sie gestanden?

Am schwierigsten gestaltete sich die Beschaffung der Angebote. Für die TAB brauchten wir jeweils drei Angebote für den Bau, für die Pumpstation, für die Elektroarbeiten, für die Vermessung und so weiter. Da haben wir als kleine Gemeinschaft natürlich schon Nachteile. Denn manche Firmen haben uns gar nicht für voll genommen. Einige haben uns für die Verlegung von zwei Kilometer Hauptleitung und zehn Hausanschlüssen auch völlig überzogene Angebote gemacht. Ich hatte bestimmt zu acht Betrieben näheren Kontakt, die sich hier vor Ort auch mal ein Bild gemacht haben, aber die dann deutlich zu teuer waren oder so ein vermeintlich kleines Projekt gar nicht wollten. Den erste Etappenerfolg haben wir mit dem Bewilligungsentscheid der TAB verbucht. Und letztlich haben wir uns gefreut, dass wir auch ein faires Angebot von einer Firma aus der Region bekommen haben.

Wann ging es los?

Nach dem Erhalt des Bewilligungsbescheids im November 2020 hatten wir zwei Realisierungsfenster ins Auge gefasst. Wegen der landwirtschaftlichen Nutzung der zu querenden Flächen haben wir uns für den Zeitraum August bis Oktober 2021 entschieden. Ende August 2021 ist das Material gekommen und dann ging es los. Es gab ein paar Verzögerungen, weil die Baufirma auch andere dringende Baustellen bedienen musste. Dafür ist das Bauunternehmen dann auch mal mit fünf bis sechs Männern angerückt und hat parallel gearbeitet. Einer hat gebaggert, ein anderer hat gespült oder die Verbindungen geschweißt und dann wurde es wieder zu gemacht. Das Gros der Arbeiten ist nun getan. Die Fertigstellung und Inbetriebnahme ist für Mitte Dezember 2021 geplant.

Würden Sie so ein Projekt nochmal in Eigenregie durchführen?

Ja, es ist ja auch in meinem Interesse. Wenn nochmal zwei trockene Sommer kommen, sind wir trocken gelegt. Es bestand also keine andere Möglichkeit, um die Versorgung zu sichern.

Vielen Dank für das Gespräch!

+++ Update +++

*Inzwischen haben die Kupfersuhler die Schlussabrechnung eingereicht: Die tatsächlichen Gesamtausgaben für das Fördervorhaben haben sich um 30.000 Euro auf rund 232.000 Euro verringert. Die ausgezahlten Fördermittel belaufen sich somit auf rund 197.000 Euro. Dank Eigenregie der Bewohner*innen liegen die abgerechneten Leistungen noch unter den Angeboten, sodass Fördermittel als auch Eigenmittel reduziert werden konnten.

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