„Forschungsergebnisse so aufzubereiten, dass ein Produkt entsteht“

Das #TABinterview mit Rocco Holzhey

Rocco Holzhey von INNOVENT e.V.

Die Jenaer Industrieforschungseinrichtung INNOVENT e.V. erhielt kürzlich einen Förderbescheid über 960.000 Euro. Die Fördersumme soll u.a. in die Züchtung von Kristallen investiert werden. Solche Kristalle landen aber nicht in der Halskette, sondern bilden wichtige Grundlagen für Forschung und Wirtschaft. Rocco Holzhey leitet den Forschungsbereich „Magnetische und optische Systeme“ bei INNOVENT e.V. Im #TABinterview sprechen wir mit dem Wissenschaftler über das Forschungsland Thüringen und die Bedeutung von wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen.

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Woher kommt Ihre Leidenschaft zur Forschung?

Ich habe zunächst Umwelttechnik in Jena studiert. Anschließend habe ich noch meinen Master in „Scientific Instrumentation“ gemacht und bin seit einem Praxissemester bei INNOVENT. Mein Interesse an der Forschung liegt vor allem in der angewandten Forschung. Wir arbeiten an Sachverhalten, die in absehbarer Zeit in Unternehmen oder bei Partnern eingesetzt werden und da eine Wertschöpfung erzeugen. Für mich ist es der größte Antrieb, Forschungsergebnisse so aufzubereiten, dass eine Firma daraus ein Produkt aufsetzen kann.

Wie unterstützt INNOVENT die Wirtschaft?

Wir sind per se ein gemeinnütziges Institut und legen unseren Fokus auf den Wissenstransfer. Das kann durch eine Lizenzierung von Patenten und Verfahren sein, dazu gehört aber auch die Entwicklung von Verfahren, Geräten sowie Systemen. Dafür gibt es zwei Wege: Wir forschen an einem Thema, wo wir uns einen Partner suchen. Oder ein Unternehmen kommt auf uns zu, um beispielsweise eine Produktentwicklung mit verschiedenen Materialen oder Verfahren voranzutreiben.

Wo kommen Ihre Forschungsergebnisse konkret zum Einsatz?

Wir kooperieren mit einer Vielzahl von Firmen und stellen unsere Ergebnisse für die Entwicklung von Verfahren und Systeme zur Verfügung. Ein Beispiel stellt die Matesy GmbH dar, welche 2008 aus unserem Haus ausgegründet wurde. Das Thüringer Unternehmen vertreibt weltweit Spezialmesssysteme, die auf einer Technologie aus unserem Bereich „Magnetismus und Optik“ beruhen. Wir haben aber auch ein System entwickelt, was u.a. bei Apple eingesetzt wird, um Produkte zu vermessen. Unsere Ergebnisse zu magnetischen Kristallen stecken zum Beispiel in Messsystemen im Bereich Hochfrequenztechnik Rohde & Schwarz. Das sind nur einige Beispiele, die wir entwickelt haben und nun weltweit zum Einsatz kommen.

Wie konnte die Thüringer Aufbaubank bei Ihren Forschungsvorhaben unterstützen?

Das sind zwei große Säulen. Wir erhalten im Rahmen von Forschungsprojekten eine unmittelbare Förderung, die wir über die Thüringer Aufbaubank beantragen. Das machen wir auch gemeinsam mit Unternehmen. Über die TAB erhalten wir aber auch Investitionen, die wir für die Infrastruktur unserer Messtechnik benötigen, um up to date zu bleiben. Man kann sich vorstellen, dass die Entwicklung solcher Technik heutzutage immer schneller geht. Wir arbeiten nicht gewinnorientiert und haben daher kein riesiges Budget für neue Geräte. Diese Investitionen sind daher sehr wichtig für uns. Und wir profitieren auch vom Technologie-Wettbewerb „get started 2gether“, der ins Leben gerufen wurde.

Wofür soll der aktuelle Förderbescheid eingesetzt werden?

Die Förderung wird u.a. für eine spezielle Kristallzüchtungsanlage eingesetzt. So eine Anlage gibt es nicht am Markt. Aus diesem Grund entwickeln wir eine Kristallzuchtanlage, in der dünne Yttrium-Eisen-Granat Schichten gezüchtet werden, welche die Grundlage (Substrate) für neuartige Spintronik Bauteile darstellen. Die Spintronik kann in Zukunft die Elektronik ergänzen bzw. ablösen und dabei enorme Energieeinsparungen bei gleichzeitiger Steigerung der Rechenleistung liefern. Mit der Förderung haben wir die Möglichkeit, größere Flächen zu beschichten und ein neues Anlagenkonzept zu entwickeln, welches die Basis für eine zukünftige wirtschaftliche Produktion darstellt. Ohne die Förderung hätten wir die Mittel dafür nicht gehabt.

Wie helfen Ihnen Wettbewerbe wie get started 2gether?

Am Wettbewerb nehmen verschiedene Forschungsbereiche aus unserem Haus teil, weil man bei get started 2gether einfach mit verschiedenen Unternehmen zusammenkommt. Wir sehen das sehr positiv. Junge Unternehmen oder Start-ups haben zu Beginn ihrer Unternehmung natürlich erst mal viel damit zu tun, ihre Idee an den Start zu bringen. Durch den Pitch bei get started 2gether wird es Start-ups leichter gemacht eine Förderung in Anspruch zu nehmen. Und wir als Forschungsinstitut lernen tolle Partner kennen, die wir durch unsere Arbeit voranbringen können. Das ist eine sehr effektive Art der Zusammenarbeit und hilft beiden Seiten.

Was läuft denn schon gut im Forschungsland Thüringen? Und wo ist noch Luft nach oben?

Gerade mit Blick auf Wettbewerbe, wie get started 2gether, macht Thüringen das schon sehr gut. Ich denke, es ist enorm wichtig, die Start-up-Szene zu unterstützen. Das ist unser Motor. Manche Dinge können natürlich noch schneller gehen oder auch vereinfacht werden. Das wäre ein großer Wunsch. Mit der Digitalisierung werden solche Barrieren aber sicher auch noch abgebaut. Ein weiterer Wunsch wäre, dass für Fachkräfte mehr Anreize geschaffen werden. Wir sollten auch in unsere Jugend investieren. Bei INNOVENT haben wir schon mal einen Magnettag für eine Schulklasse veranstaltet, um Kinder an die Wissenschaft heranzuführen. Das kam super an und werden wir nun auch öfter machen!

Vielen Dank für das Gespräch!

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