Macht es einen Unterschied, ob man als Frau oder als Mann ein Unternehmen übernimmt?
Eindeutig! Ich bin von meinen Eltern sehr gleichberechtigt erzogen worden, weil beide so auch leben. Meine Eltern haben immer darauf geachtet, dass ich mir meiner Stärken und Schwächen bewusst war und Fähigkeiten auch nutze - unabhängig von Mann oder Frau - sein. Aber viele Dinge sind in einer männerdominierten Welt einfach anders. Ich sage immer so spaßig, wenn ich auf eine Branchenveranstaltung gehe, dann sind da 100 Leute, davon sind 97 Männer und von den 3 Frau sehen 2 aus wie ein Mann.
Man hat es als Frau deutlich einfacher Kunden kennenzulernen, weil man aus der Masse sticht. Da geht es nicht darum, ob du schön bist oder nicht, du stichst heraus, weil du eine Frau bist. Aber dann, wenn du die Kunden kennst, musst du dich deutlich mehr beweisen, als jeder Mann. Dir traut man es nicht ohne weiteres zu, dass du dich in dem Bereich auskennen könntest. Das war eine Herausforderung, für die ich aber einfach bereit war. Innerhalb kürzester Zeit hat das aber dann keine Rolle mehr gespielt ob Mann oder Frau. Da zählt dann bei beiden Kompetenz, Fleiß und Fairness.
Was war für Sie bei der Übergabe besonders wichtig?
Die gute Vorbereitung, das er auch danach noch dagewesen wäre und der unbedingte Wille, sich permanent für und am Unternehmen weiter zu entwickeln. Und das ist auch heut noch so.
Eines ist als Tipp auch unbedingt erwähnenswert: wir sind beide sehr leidenschaftliche Menschen, und es wurde auch mal laut bei uns, aber wir hatten eine sehr wichtige Regel, die ich bis heute genial finde. Wir haben ganz klar das Privatleben und die Firma getrennt. Zu Hause waren wir nur Vater und Tochter und im Büro waren wir Kollegen. Wenn es zu Hause etwas Dienstliches zu regeln gab, sind wir 5 Minuten weg gegangen, haben das geklärt und dann waren wir wieder Vater und Tochter. Dieses strikte Trennen ist extrem wichtig. Und natürlich Ehrlichkeit und die Fähigkeit miteinander Klartext zu reden.
Wie war ihr erster Tag als Geschäftsführerin?
Er war nicht anders, als der Tag zuvor. Ich war fachlich gut vorbereitet, aber das ist ja nur die eine Seite. Die andere Seite ist das Team und auch dass sie die neue Führung bereits akzeptiert haben. In dem Moment, wo ich laut unserem Plan Personalverantwortung übernehmen sollte, hat mein Vater ganz klar zu den Mitarbeitern gesagt, dass jetzt nicht mehr er, sondern ich zuständig bin und sie zu mir kommen sollten. Und das hat schnell funktioniert. Es war also kein kalter Schnitt, sondern ein Prozess. Also war der Tag, wo wir es schwarz auf weiß hatten nichts Besonderes. Schwieriger war dabei der eigene Kopf, die Angst vor dem ungewissen und ob man das wirklich packt. Man hat die Verantwortung für die ganze Mannschaft und deren Familien. Aber ich hatte die Sicherheit ihn immer fragen zu können, das gibt Sicherheit. Obwohl ich es im Endeffekt gar nicht mehr brauchte, da ich schon gut ins Unternehmen gewachsen war.