Die HÖRISCH-PRÄZISION GmbH wurde am 01.Oktober 1990 im Wohnhaus und in der Garage der Familie Hörisch gegründet. Mittlerweile hat das Unternehmen 75 Mitarbeiter und ca. 18 Mio. Euro in die Produktionsstätte im Gewerbegebiet an der B87 in Apolda und modernste CNC-Technik und Ausrüstung investiert. Produziert werden Präzisionsdrehteile, die ihren Einsatz in Produkten der Automobil-, Uhren- und Elektroindustrie, Elektronik sowie der Medizin- und Sicherheitstechnik finden.

Klaus Hörisch, Gründer 73 Jahre



Wann haben Sie Ihr Unternehmen gegründet?

Ich kann mich genau dran erinnern, 1989 als es zur Wiedervereinigung kam, habe ich spontan zu meiner Frau gesagt, dass ich mich selbständig machen möchte.Im April 1990 war es dann soweit. Ich habe Maschinen bestellt, obwohl wir noch nicht einmal die D-Mark hatten, die kam erst im Juli. Im Nachgang habe ich dann erfahren, dass jemand in Westdeutschland für mich gebürgt hat. Dafür möchte ich mich heute noch mal bedanken.

Wo haben Sie angefangen?
Die Gründung damals war sehr schwierig. Wir haben im Wohnzimmer einen Schreibtisch und im Keller die Maschinen aufgestellt und dann ging es sofort los. Am Anfang hatte ich noch Angst, dass wir nachts durch den Maschinenlärm nicht schlafen können, aber durch die Decke hat man die Maschinen gar nicht gehört. Es war wunderbar! Für ein halbes Jahr haben wir so gearbeitet, und dann haben wir eine kleine Lkw-Garage gemietet, ohne Wasser und nur zum Teil mit Strom. Dort haben wir dann noch weitere Maschinen aufgestellt. Das war der Beginn unserer Firma. Drei Mitarbeiter, meine Frau und ich, und alle haben wir rund um die Uhr gearbeitet. Ich war in der Selbständigkeit wie besessen.

Wann haben Sie drüber nachgedacht in den Ruhestand zu gehen?
An und für sich gar nicht. Ich wollte diesen Schritt eigentlich vor mir herschieben, so lange es geht. Wenn es nach mir gegangen wäre, bis ins jetzige Alter hinein.
Aber als ich 65 Jahre wurde, bekam ich gesundheitliche Probleme und mein Arzt riet mir, mein Leben zu ändern. Also habe ich mit Torsten, meinem ältesten Sohn, besprochen, dass wir die Arbeit aufteilen müssen. Später kam dann die Nachfolgevereinbarung.


War für Sie von Anfang an klar, dass die Firma in der Familie bleiben soll?
Eigentlich habe ich 1992 überhaupt nicht an eine Übergabe gedacht. Ich habe nur daran gedacht, die Firma nach vorne zu bringen. Also habe ich Kunden gesucht, was gar nicht einfach war. Im Westen hatten die großen Firmen ihre Zulieferer und Uhrenteile brauchte keiner mehr. Es gab immer mehr Digitaluhren und auch große Firmen in dem Bereich mussten Konkurs anmelden. Also ging es eigentlich ums Fußfassen und nicht ums Übergeben. Zum Glück hatte Torsten dann 1995 sein Diplom und konnte richtig einsteigen. Das war ein echter Glücksfall. 2013 haben wir dann die Übergabe rechtskräftig beim Notar unterzeichnet. Das war für mich schon eine sehr schwerwiegende Entscheidung, der ich immer noch etwas nachtrauere. Meine Frau schimpft zwar, wenn ich anfange so zu reden, aber es ist ein schwerer Schritt. Wenn man etwas aufgebaut hat, fällt es schwer loszulassen und zu sagen, jetzt sind andere dran. Aber ein Trost ist, dass die Firma in der Familie bleibt. Das ist wichtig und dafür bin ich auch sehr dankbar.

Hatten Sie bei der Übergabe Unterstützung von außen?
Bei der Übergabe habe ich keine Unterstützung gebraucht. Wir haben aber, bis 2013, ca. 10 oder 12 Fördermaßnahmen mit der Aufbaubank gehabt. Das hat uns beim Aufbau und der Entwicklung der Firma enorm geholfen. Ich wurde dort auch gut beraten und betreut. Wir haben in der Zeit siebenmal angebaut und viele Maschinen angeschafft. Die Übergabe haben wir aber alleine geschafft.



Gibt es irgendwas, dass Sie im Nachhinein anders machen würden?
Der Beschluss der Firmenübergabe war unbedingt ein Familienbeschluss. Es haben auch alle unterschrieben und wir sind zufrieden damit. Das war die Ideallösung für die Zukunft der Firma. Ein Cousin hat mir geraten: „Wenn du was machst, dann mach es alleine und nimm keinen Schlaumeier mit rein, der dann die Verantwortung hat.“ Also haben wir beschlossen, dass Torsten das alleine machen soll.

Haben Sie einen Tipp für potentielle Unternehmensverkäufer?
Die Übergabe einer Firma ist wirklich schwer. Wichtig ist, dass die Firma erstmal erfolgreich ist. Man muss im Vorfeld überlegen, wer Interesse an der Nachfolge, also an einer Selbständigkeit haben könnte. Es muss schon die Veranlagung da sein, in eine Selbständigkeit zu gehen, dafür braucht man enormes Engagement.


Torsten Hörisch NACHFOLGER


Wie waren Ihre ersten Berührungspunkte mit dem Unternehmen?
Die Gründung 1990, die ersten Gespräche der Eltern, das war für uns Kinder natürlich alles sehr spannend. Wir haben mitgefiebert und waren von der ersten Minute an mit den Gedanken dabei. Die Selbständigkeit an sich war durch die Großeltern, die beide eigene Läden hatten, schon irgendwie vorgegeben. Außerdem war es um die Zeit des Mauerfalls, da war diese Aufbruchsstimmung als Jugendlicher schon bestimmend.

Es lief alles etwas parallel. Die Dinge, die ich in meinem Studium (Feinwerktechnik / Maschinenbau) gelernt habe, wie Buchführung, Organisation, EDV, etc., habe ich tagsüber aufgesogen und dann abends zu Hause praktisch umgesetzt. Ich habe angefangen, die ersten Rechnungen und Lieferscheine zu erstellen und auf Drucker und PC zu setzen, damit man schnell von der Schreibmaschine wegkam.

Wie lief die Übernahme ab?
Wir hatten die Übernahme zwar gut geplant, und es gab schon über viele Jahre eine unabgesprochene Arbeitsteilung. Aber der Moment, als mein Vater dann aufgrund der Krankheit gar nicht mehr in der Firma sein konnte, der war schwierig. Um keine Unruhe in den Prozess zu bringen, habe ich das erstmal gar nicht nach außen kommuniziert. Erst nach einer gewissen Zeit haben wir es dann öffentlich gemacht. Im ersten Moment war es ein Schockzustand, dann ein systematisches Abarbeiten und Umorganisieren der bestehenden Prozesse.

Wie hat die Belegschaft reagiert?
Das mit der Belegschaft ist eine sehr interessante Sache. Für die älteren Mitarbeiter, die den Betrieb mit aufgebaut haben, war es eine sehr ungewohnte Situation. Sie haben mich ja schon als Junge, als Schüler, als Lehrling, als Student und eben auch als Sohn gekannt. Und da kann man nicht einfach auf Null drücken und sagen, ab heute wird „Sie“ gesagt. Das ist auch nicht der Punkt, den man durchsetzen will. Aber der Respekt, der eingefordert werden muss, damit die neue Situation auch klappt, das ist der schwerste Punkt in der Übernahmephase. Alles andere kann man organisieren. Aber den Mitarbeitern klar rüberzubringen, dass man jetzt Chef ist und sie vertrauen zu einem haben sollen, das ist wirklich schwierig. Da gibt es am Anfang Momente, in denen man sich wirklich richtig schlimm durchsetzen muss. Man wird schon ausgetestet. Ich habe mich damals ein bisschen wie in einem Wolfsrudel gefühlt. Wie der junge Wolf, der sich am Anfang erstmal zeigen und durchbeißen muss. Aber wenn dann wirklich geklärt ist, entweder machen wir zusammen weiter oder gar nicht, dann läuft es. Auf diesen Machtkampf wird man nicht vorbereitet, das kann man nicht trainieren, das muss man einfach durchleben. Für mich war das der Schlüsselmoment in der Übergabe, nicht die Gespräche mit der Bank oder mit den Kunden, sondern die Auseinandersetzung mit den Mitarbeitern.



Haben Sie einen Tipp für potentielle Nachfolger?

Das ist schon immer sehr speziell. Es ist abhängig vom eigenen Typ, wie man mit Mitmenschen umgeht, ob man sich gut durchsetzen kann, oder eher ruhig ist, ob man eher technisch oder kaufmännisch orientiert ist, und, und, und.
Leicht ist es in keinem Fall, aber man muss versuchen seine Ziele durchzusetzen, und klare Verhältnisse zu schaffen.
Die größte Spannung bei uns war, dass mein Vater es über Jahre gewohnt war, morgens durch die Firma zu gehen und mit jedem Einzelnen zu sprechen, und darauf seinen eigenen Tag zu planen. Das kann aber nur einer machen, und wir mussten erstmal klären, dass das ab jetzt meine Aufgabe war. Das ging am Anfang aber erstmal nur in der Theorie. Es hat schon etwas gebraucht, bis es sich dann richtig eingespielt hatte.

Wie lange braucht man für einen Übernahmeprozess?
Es gibt für solche Übergabeprozesse zwei Varianten.
Die Variante, die wir durchlebt haben, war die mit einem Cut von heute auf morgen. Da hat man keine große Wahl. Jetzt nach fünf Jahren, kann ich sagen, dass wir gewisse Etappen abgeschlossen haben.
Der andere Übergabeprozess, bei dem man es genau plant und sagt, ich übergebe die Firma am Tag X an meinen Sohn oder meine Tochter ist auch nicht leicht. Wichtig ist, man muss Vertrauen haben und loslassen können. Das ist schwierig für den Übergebenden und als Übernehmer ist es schwer, sich in dem Moment durchzusetzen. Dieses Spannungsfeld gut hinzubekommen, ist eine Herausforderung.



Nachfolgen oder Gründen?

Das ist nicht leicht. Ich hatte das Glück, die Gründung mitzuerleben und zu beobachten, wie eine Firma von Null wächst. Die erste Maschine in der Garage, die ersten Aufträge und die ersten großen Anfangsschwierigkeiten, ich habe alles mitbekommen. Auch die ersten 10 Jahre, in denen man täglich schwer kämpfen muss, um sich zu etablieren, sind eine Phase, die einem viel gibt. Anfangs muss man seine Kunden echt zwingen. Jetzt sind wir in einer Phase, in der Kunden auch mal auf uns zukommen oder sogar eigene Ideen haben. Die möchten Aufträge vergeben und Projekte gemeinsam abarbeiten, und aus diesen Projekten kann man Investitionen ableiten und den Ablauf ordentlich planen. Personal und Investitionen lassen sich leichter absehen und man kann strukturiert in die Zukunft gehen. Man hat nicht mehr die Belastung von Monat zu Monat zu denken. Jetzt kann man in Jahren oder Jahrzehnten rechnen. Eine endgültige Sicherheit gibt es aber auch hier nicht. Man muss jeden Tag die richtigen Entscheidungen treffen. Und wenn wir sagen, wir sind die letzten Jahre jedes Jahr 5 bis 10 Prozent gewachsen, dann sind 10 Prozent heute eine ganz andere Größenordnung als vor 20 Jahren. Das Risiko ist etwas kleiner, weil man einen funktionierenden Prozess hat, aber es ist auch ein großer Dampfer, der auf Kurs bleiben muss.

Holen Sie noch Rat bei Ihrem Vater ein?
Auf den Rat meines Vaters höre ich immer noch. Man hat natürlich seinen Ehrgeiz und gibt nach außen nicht immer zu, dass man das jetzt wirklich verarbeitet hat. Aber die Einstellung und die Herangehensweise an Lösungen und das Beobachten, das habe ich mir schon bei ihm abgeschaut. Große Dinge, werden zusammen besprochen, und bei kniffligen Entscheidungen wird Rat eingeholt.

Wie gehen Sie mit der eigenen Übergabe um?
Das ist wie beim Fußball, nach der Nachfolge ist vor der Nachfolge. Meine Aufgabe ist es jetzt nicht nur den Betrieb weiterzuführen, sondern die Lehren, die ich aus der jetzigen Übergabe gezogen habe in die nächste Generation einzubringen. Ob meine Kinder die Firma übernehmen oder ob sie fremdgeführt wird, ist offen.

Wenn die Kinder nicht die Veranlagung oder den Willen haben, dann geht das soweit, dass das Kind im schlimmsten Fall krank wird. Ziel sollte es sein, jemanden zu finden, der die Firma so gut es geht weiterführt, aber unter dem Deckmantel eines Familienunternehmens. Die erfolgreichsten Firmen in Deutschland sind Familienunternehmen und das ist ein Ziel, das ich mir gesetzt habe, eine Firma weiterzugeben, die mit allen Stärken eines Familienunternehmens in Thüringen erfolgreich läuft.