Die Altenburger Destillerie ­­wurde 1948 als VEB Altenburger Likörfabrik gegründet, und 1996 von Dietrich Hueck übernommen, der das Unternehmen bis 2016 führte und dann an den jetzigen Geschäftsführer Dr. Michael Schenk übergab. Herr Dr. Schenk konnte das Umsatzvolumen der Destillerie 2016 auf über 106.0 Mio. EUR steigern. Das Motto der erfolgreichen Destillerie lautet: Regional verbunden – International vertreten!
Und das spiegelt sich auch im mittlerweile über 180 Produkte umfassenden Sortiment wider. Mit einer Produktion von ca. 30 Mio. Flaschen pro Jahr gehört die Altenburger Destillerie heute zu den großen Spirituosenherstellern Deutschlands und Europas.

Dr. Michael Schenk, Nachfolger

Wie begann ihre gemeinsame Geschichte mit der Altenburger Destillerie?
Den damaligen Eigentümer habe ich 2014, in meiner Tätigkeit als Berater kennengelernt und ihn dann 1 ½ Jahre im Tagesgeschäft begleitet. So konnte ich schön ins Unternehmen hineinwachsen. Irgendwann war dann klar, dass seine Kinder die Nachfolge nicht antreten würden. Ihnen fehlten einfach die Ambitionen und Fähigkeiten ein Unternehmen in dieser Größe zu führen.

Was sind die Vorteile schon vor der tatsächlichen Nachfolge im Unternehmen zu arbeiten?

Man sieht natürlich viele Dinge, die man auf dem Papier nicht sieht. Wie ist das Unternehmen strukturiert? Wie wird mit den Mitarbeitern umgegangen? Welche Leichen liegen im Keller? Man sieht aber auch das Volumen, das man übernehmen wird, welche Abhängigkeiten es von Kunden gibt und kann dadurch das Risiko besser abschätzen.

Von wem haben Sie sich bei der Übergabe beraten lassen?

Da ich ja aus dem beratenden Bereich komme, war eine Grunderfahrung schon vorhanden. Aber natürlich braucht man Banken und Rechtsanwälte, die rechtliche Grundlagen abklären, weil man das alles gar nicht alleine kontrollieren kann. Ich habe mich bei Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten abgesichert. Und natürlich braucht es bei dieser Größenordnung eine gute Zusammenarbeit mit den Banken, um zu klären welche Möglichkeit überhaupt besteht ein Unternehmen dieser Größe zu übernehmen. Hier sind ja sehr große Summen im Spiel. Auch die Thüringer Aufbaubank war für mich ein wichtiger Teil für das gesamte Vorhaben, da sie das Vorhaben komplett eigenständig geprüft und natürlich auch ein Statement abgegeben hat, welche Sicherheiten und Zukunftsaussichten bestehen.

Wie haben sie den Wert der Firma festgelegt?

Es gibt ja unterschiedliche Ermittlungsverfahren. Wir haben erstmal vom Alteigentümer einen Kaufpreis genannt bekommen, dann haben wir Umsätze und mögliche Gewinne kontrolliert und die Bankpartner haben eingeschätzt, wie realistisch das war. Am Ende gab es einen Mittelwert, auf den wir uns geeinigt haben.

Wie lange hat der Übernahmeprozess gedauert?

Der Übernahmeprozess bis zur Kaufentwicklung hat dann noch mal ein ganzes Jahr gedauert. Wir haben die Eigenkapitalhöhe und die einzelnen Finanzierungsbestandteile festgelegt und natürlich haben wir auch Fördermittel in Anspruch genommen. Der gesamte Übernahmeprozess hat alles zusammengenommen also fast 3 Jahre gebraucht. Man braucht schon Zeit für so ein großes Projekt.

Wie hat die Belegschaft auf ihren neuen Chef reagiert?
Grundsätzlich einmal kannte die Belegschaft mich ja schon und wusste mit welcher Vehemenz und Geschwindigkeit ich arbeite. Aber es war schon eine Umstellung, wenn man mit vielen Ideen kommt und die Mitarbeiter aus der Tradition heraus etwas anderes gewohnt waren. Sie kannten mich zwar, aber mit Datum der Übernahme hat sich die Geschwindigkeit dann nochmal verfünffacht.

Wie war ihr erster Tag als neuer Geschäftsführer?

Da kann ich mich noch sehr gut erinnern, wir hatten ja die offizielle Übergabe mit Ministerpräsident und Wirtschaftsminister und haben über Nacht das Büro komplett umgeräumt und Nägel mit Köpfen gemacht. Ab dem Tag x gab es dann sehr viele Neuerungen, auf die wir ja schon 1 ½ Jahre gewartet hatten, die wir vorher aber noch nicht umsetzen durften.



Was war ihre größte Herausforderung?

Es war nicht das Tagesgeschäft, sondern die sehr veralteten, sehr festen Strukturen im Unternehmen. Viele Wege die man vorher gegangen ist, z.B. nur auf Massenkunden zu setzen und sich nicht nach neuen Geschäftsfeldern umzusehen, mussten nun nachjustiert werden. Das war die größte Aufgabe, die leider nicht innerhalb von Monaten umzusetzen war, sondern immer noch andauert und immer noch die größte Herausforderung ist. Man sagt 2 -5 Jahre braucht es ein Unternehmen zu drehen und auf die Zukunft auszurichten.

Hätten sie gerne mehr externe Unterstützung gehabt?

Mir hat nichts gefehlt, aber Gründern, die weniger Erfahrung haben, würde ich immer raten externe Unterstützung einzuholen und nicht blauäugig zu sagen, das wird schon. Wichtig ist natürlich auch Kennzahlen zu betrachten und hinter die Kulissen zu schauen. Das heißt sie können heute ein Unternehmen übernehmen, bei dem die Kennzahlen wunderschön sind, aber da jeder Abgebende auch sein Baby abgibt, gibt er auch eine Geschichte ab. Oft sind Zahlen nicht so wie sie vielleicht am Anfang scheinen. Es wurden Justierungen vorgenommen und die Kennzahlen sagen eben nicht alles aus. Deswegen sollte man sich aus verschiedenen Sparten Hilfe holen. Man sollte als Nachfolger unbedingt immer sehr tief graben und versuchen auch Dinge zu bewerten, die man nicht kontrollieren kann. Das heißt auch mal das Unternehmen beobachten und Kunden analysieren, um zu sehen wie hoch die Abhängigkeit ist. Weil einem das, auch wenn man gute Ideen hat, das Genick brechen kann.



Haben sie noch ein paar Tipps für Nachfolger oder Gründer?

Gründern und Nachfolgern kann ich nur raten Hilfe anzunehmen, weil natürlich viele Dinge anders bewertet oder dargestellt werden als sie eigentlich sind. Viele Abgebende, die 20 – 30 Jahre ein Unternehmen aufgebaut haben, haben ganz andere Wertvorstellungen von dem was sie aufgebaut haben, im Gegensatz zum realen Wert. Da sind manchmal Welten dazwischen und deswegen sollte man immer genau hinter die Kulissen blicken. Man muss sich auch im Klaren sein, dass Firmenübernahme kein 8 Stunden Job ist.und passiert nicht von heute auf morgen. Man darf nicht denken, „das wird schon“, es muss wirklich gut geplant sein. Und man kann noch so gut planen, der Markt entwickelt sich oft anders. Also Kosten gering halten und neuen Märkte im Blick haben. Und ganz zuletzt, wichtig ist es am Boden der Tatsachen zu bleiben.

Wie gehen Sie mit der eigenen Übergabe um?
Als ehemaliger Berater habe ich eine sehr gesunde Distanz zu den Dingen, die ich tue und auch zum Unternehmen. Das heißt ich sitze zwar heute hier mit 46 Jahren, denke aber auch schon an die Nachfolge. Da Kinder dann doch immer etwas anderes machen wollen, gehe ich nicht davon aus, dass eines meiner 4 Kinder die Nachfolge antritt. Es gibt ja viele Möglichkeiten. Wir haben vor zwei Jahren begonnen die Strukturen komplett zu ändern, weg vom Patriarchat, hin zu einem zukunftsfähigen, modernen Unternehmen. Ich als Person bin gar nicht mehr so wichtig. Es gibt verschiedene Teams mit fähigen Leuten, die die Mitarbeiter anregen sich persönlich weiterzuentwickeln. Und ein Ziel wäre es schon, da dann auch einen rauszuziehen.

Neugründen oder Nachfolgen?
Beides! Eine Nachfolge sollte immer auch eine Neugründung mit eigenen Ideen sein. Alles hat seine Vor- und Nachteile, aber ich würde beides jederzeit wieder angehen. Es kann anstrengend sein, kann aber auch eine Menge Spaß bereiten.